In dieser Lerneinheit erhalten Sie zunächst einen Input in das Themenfeld des Forschens mit Kindern und Jugendlichen. Hierfür wird sowohl auf die Grundlagen der neueren Kindheitsforschung als auch auf die Möglichkeiten, Grenzen und Probleme im Forschungsprozess mit Kindern und Jugendlichen eingegangen. Unter Rezeption des neu gewonnenen Wissens aus der Inputphase arbeiten Sie dann weiter an Ihren konzeptionellen Überlegungen eines möglichen SL-Projektes im Bereich der Sozialraumanalyse mit Kindern und Jugendlichen im Ostend.
Um einen Einblick in das Forschen mit Kindern und Jugendlichen zu erhalten, ist es zunächst wichtig, einige Grundlagen der neueren Kindheitsforschung kennenzulernen. Der Begriff der „Neuen Kindheitsforschung“ ist auf einen Paradigmenwechsel in den 1980er Jahren zurückzuführen. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden Kinder und Jugendliche in der (sozialwissenschaftlichen) Forschung als „unfertige Erwachsene“ angesehen. Im Gegensatz dazu werden sie heutzutage als ebenbürtige und gleichwertige Mitglieder der Gesellschaft betrachtet, die mit Expertenwissen ihrer eigenen Lebenssituation ausgestattet sind. Aufgrund dessen wird die Kindheit als eine eigenständige Lebensphase und soziale Kategorie betrachtet, in der Kinder sowie Jugendliche als handelnde Subjekte und aktive (Mit-)Gestalter der soziokulturellen Umwelt aufgefasst werden. Als Forschungsgegenstand wird ihr Alltagserleben und alltägliches Handeln aus einer kinderzentrierten Perspektive betrachtet, wobei berücksichtig werden muss, inwiefern wissenschaftlich kontrolliertes Verstehen von Kindern und Jugendlichen, unter dem Aspekt der unterschiedlichen und individuellen Wahrnehmungsprozesse, Kommunikationsmuster und Erklärungsansätzen, überhaupt möglich ist. Durch ein vorherrschendes Machtgefälle, einen geringeren Erfahrungsschatz und ein weniger ausgeprägtes Wissen, sind Kinder und Jugendliche den Erwachsenen gegenüber meist benachteiligt. Die Interaktionen unter Erwachsenen folgen gewissen Regeln, die von Kindern oder auch Jugendlichen noch nicht erworben wurden. Der Erfolg der Kindheitsforschung im Allgemeinen ist nach Hülst (2000) daran gebunden, inwiefern es den Forschenden gelingt, die Aussagen von Kindern und Jugendlichen (auch) jenseits „gewohnter“ Interpretationsmuster und Bedeutungssysteme der Erwachsenenkommunikation derart zu verstehen und die darin genannten Aspekte ihrer Lebenswelt interpretierend in Bezug auf die Fragestellung herauszuarbeiten.