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LE06: Geoinformation

Die technischen und methodischen Aspekte von Geoinformatiostechnologien gehören zu den drei Kernkompetenzen des Spatial Citizenship-Ansatzes. Konkret geht es um das Wissen über Geoinformationen und über die Anwendung und den Nutzen von digitalen Geomedien. In dieser Lerneinheit werden wir uns erst einmal mit dem Begriff der Geoinformation auseinandersetzen.

Inhalte der Lerneinheit

Materialien

Lernergebnisse und Kompetenzen

Geoinformationen und Geomedien

Wenn eine Information eine räumliche Verortung hat, dann ist es eine Geoinformation (GI). Die Bandbreite von Geoinformationen reicht von verbalen Beschreibungen bis hin zu konkreten räumlichen Visualisierungen in Kartenform. Geomedien sind somit Medien, die eine räumliche Information bereitstellen, d.h. sie sind georeferenziert. Eine Georeferenzierung kann in unterschiedlichen Formen verfasst und gespeichert werden. Orte durch eine Adresskodierung (Straße, Hausnummer, Postleitzahl und Ort ) zu lokalisieren ist eine der am weitesten verbreiteten Möglichkeiten. Eine andere Möglichkeit besteht in der Angabe von Koordinaten. Rio de Janeiro kann z.B. mit den Koordinaten -22° 54' 10 S, -43° 12' 27 W angegeben werden. Diese Geoinformation lässt sich z.B. in einer digitalen oder analogen Karte an der richtigen Stelle platzieren, um einen Hinweis darauf zu geben, wo sich der Ort befindet. Beispiele für Geomedien sind Navigationssysteme in Autos, digitale Fotos die als zusätzliche Information GPS-Koordinaten besitzen. Auch ein Post auf Instagram oder Facebook kann zu einem Geomedium werden, wenn eine Adresskodierung oder GPS-Koordinaten hinzugefügt werden. Geomedien sind somit Übermittler von räumlichen Informationen. Die folgende Abbildung veranschaulicht die Unterschiede zwischen Information, Geoinformation und Geomedien.

 Abbildung 1


Abbildung 1: Information, Geoinformation (GI) und Geomedien (Quelle: EU-Projekt SPACIT 2012-2014)

Von GI-Systems über GI-Science zur GI-Society

Im Prozess der kulturellen Evolution lösen sich sowohl gesellschaftliche wie auch technische Entwicklungen nicht einfach ab. Sie sind im Übergang miteinander verwoben, bevor sie einen eigenen Charakter aufbauen. Daher lassen sich auch die einzelnen Stufen der Entwicklungsgeschichte der digitalen GI in ihrem gesellschaftlichen wie auch technischen Bedeutungszusammenhang nicht exakt datieren. Die Entwicklungen sind vielmehr fließend, mitunter parallel und miteinander verwoben. In der Literatur wird häufig das Canada Geographic Information System (CGIS), das 1963 für die Bestandsaufnahme der Landressourcen entwickelt wurde, als erster Meilenstein der Entwicklungsgeschichte von GISystemen benannt, die zur Erfassung, Bearbeitung, Organisation, Analyse und Präsentation räumlicher Daten dienen. Im Jahr 1969 wurden die Softwarefirmen ESRI Inc. und Intergraph Corp. gegründet. Aber erst durch die Entwicklung von günstigen Personalcomputern zu Beginn der 1980er Jahre, die eine kostendeckende Softwareentwicklung ermöglichten, kam es zu einer starken Verbreitung von GI-Systemen in wirtschaftlichen, administrativen und wissenschaftlichen Bereichen. Hierzu gesellte sich noch das Militär, das durch die fortschreitende Satellitenentwicklung verstärkt räumliche Visualisierungen für Analysezwecke nutzte (Longley et al. 2007). Im Zuge dessen wurde auch die Ausbildung von Arbeitskräften im Bereich der GISysteme forciert. Ab 1990 wurde der Begriff GI-Science geprägt (Goodchild 2010). Mittlerweile hat sich die GI-Science als wissenschaftliche Kommunikationsgemeinschaft mit eigenen universitären Lehrstühlen, Lehrbüchern, Fachzeitschriften und Tagungen fest etabliert. In der von dem U.S. University Consortium for Geographic Information Science (UCGIS) 2004 propagierten Forschungsagenda wird GI-Science als theoretischer Rahmen für GI-Systeme beschrieben. Hierbei werden neben computertechnischen Themen auch explizit gesellschaftliche Aspekte angesprochen (Nyerges et al. 2011). Die Georeferenzierung von Information hat in den letzten Jahren massiv zugenommen und zur Entwicklung des GeoWeb geführt (vgl. Abb. 2). Hierbei werden georeferenzierte Daten über einen Geobrowser (z.B. Google Earth) mit anderen Medien, wie z.B. Texten, Daten, Bildern und Videos, verknüpft, um eigene thematische Karten zu erstellen. Hierbei ist der Nutzer gleichzeitig Produzent und Konsument von Karten (Thielmann et al. 2012). Eine weitere Entwicklung, die als “Volunteered Geographic Information” (VGI) bezeichnet wird, ist die Erhebung, Verwaltung, Analyse und Präsentation von Geodaten durch Freiwillige, die diese Geoinformationen der Allgemeinheit zur Verfügung stellen (Sui et al. 2013). Zudem ermöglicht die Miniaturisierung digitaler Endgeräte (Tablets, Smartphones, Google Glass), dass die beschriebenen Anwendungen heutzutage für (fast) jeden (fast) überall zur Verfügung stehen. Dieser kurze Abriss der Entwicklungsgeschichte der Geoinformationstechnologien verdeutlicht einerseits, dass der fortschreitende Einzug medientechnologischer Anwendungen verknüpft ist mit sozialen und technischen Komplexitätsreduktionen, die gesellschaftlich ausgehandelt werden. Andererseits wird auch deutlich, dass Geoinformationstechnologien in ihrem Entwicklungsverlauf immer mehr gesellschaftliche Bereiche tangieren und damit auch immer mehr Menschen involvieren. Durch die ubiquitäre Verfügbarkeit und die Einbettung in das alltägliche Leben (digitale Mundpropaganda durch Empfehlungsportale, Navigation, “Augmented Reality”) haben sie heutzutage jedoch einen anderen Stellenwert in der Gesellschaft erhalten. Die Informationsgesellschaft ist auch eine Geoinformationsgesellschaft.

(aus: Kanwischer, D. (2014): Digitale Geomedien und Gesellschaft. Zum veränderten Status geographischen Wissens in der Bildung. In: Geographische Rundschau, H. 6 / 2014, S. 12 – 17.)

Basislektüre

Hungry Minds

Geospatial Revolution: WPSU Penn State hat mehrere Videos produziert, die verdeutlichen wie Geoinformationen nahezu alles beeinflussen.