“Ein Versprechen, das das Internet bereits seit seinen Anfängen mit sich trägt: Menschen nicht nur den Zugriff auf Informationen zu erleichtern, sondern ihnen auch Mittel an die Hand zu geben, das eigene Wissen mit anderen zu teilen” (Schmidt, 2018,S. 76). Soziale Netzwerke erleichtern den Austausch und die Vernetzung. Sie helfen beim Zusammentragen und Ordnen von Wissen, selbst über größere räumliche und zeitliche Distanzen hinweg. Die Nutzer*innen sozialer Netzwerke bilden eine Community, die als “Schwarm” interagiert. Die Summe des gemeinsamen Wissens der Community - auch “Schwarmintelligenz” genannt - wird als solches von den einzelnen Nutzer*innen aktiv befragt (ebd.). Im Web 2.0, dem sogenannten “Mitmachnetz”, hat sich dank der zahlreichen Möglichkeiten zur Teilhabe eine neue Partizipationskultur etabliert. Doch fördern diese Angebote und Umgebungen auch Partizipation und Teilhabe?
Das Internet, insbesondere die sozialen Netzwerken hatten von Beginn an die „Aufgabe“, Menschen Gehör zu verschaffen und ihnen Beteiligung an politischen Debatten und Entscheidungen zu ermöglichen. Proteste gegen politische Vorhaben und Entscheidungen, z.B. gegen “Stuttgart 21” oder gegen den G20-Gipfel in Hamburg, machen deutlich, dass Mitbestimmung und Partizipation für viele Menschen zum demokratischen Selbstverständnis gehört. Soziale Netzwerke bieten zahlreiche Möglichkeiten zur Interaktion, Kooperation, Kollaboration aber auch der Teilhabe und Partizipation. Man unterscheidet nach Schmidt (2018) zwischen
Bei der Teilhabe in den sozialen Netzwerken halten sich Menschen in den sozialen Medien auf, informieren sich und tauschen ihre persönlichen Interessen aus. Dabei muss es nicht zwangsläufig um politische Themen gehen. Teilhabe kann hier sehr weit gefasst werden und umfasst auch lediglich Beiträge im Profil, die öffentlich sichtbar sind oder über das Kommentieren von anderen öffentlich geteilten Beiträgen. In erster Linie ist diese Art der Teilhabe freiwillig. Dennoch lastet gerade auf Jugendlichen ein Druck, ständig aktiv in den sozialen Medien zu sein, um mitreden zu können und im Freundeskreis anerkannt zu werden.
Die Teilhabe mit Hilfe der sozialen Netzwerke zeichnet sich durch eine Nutzung der sozialen Medien als Werkzeug zur Einflussnahme auf politische und gesellschaftliche Debatten und Entscheidungen außerhalb des Internet aus. Beispiele dafür sind Nachrichten an Abgeordnete oder Beiträge in einem Online-Forum einer lokalen Bürger*inneninitiative. Hierbei ist es vergleichsweise einfach viele Menschen mit geringem Aufwand zu erreichen. Daher spielen die Sozialen Netzwerke inzwischen eine große Rolle bei der Mobilisierung, dem Wissensaustausch und der Koordination politischen Handelns. Obgleich ist der Sprung zwischen “Teilhabe im Netz” und “Teilhabe mit Hilfe des Netzes” nicht immer einfach. Das ledigliche Teilen oder Liken von Beiträgen in den sozialen Netzwerken ist kein Weg nachhaltig Einfluss auf politische Entscheidungen außerhalb des Internets zu nehmen. Es braucht mehr Aufwand und Engagement, dass durch Teilhabe mit Hilfe der sozialen Netzwerke langfristig politische Entscheidungen beeinflusst werden können. Letztendlich müssen diejenigen erreicht werden, die die Entscheidungen und Debatten schließlich führen. Somit reicht Teilhabe mit Hilfe des sozialen Netzes nicht aus um die vermeintliche Politikverdrossenheit der “actualizing citizens” zu beheben.
Bei der dritten Form, der Teilhabe an den sozialen Netzwerken, geht es nun auch darum, an der Entwicklung und Verbesserung der Infrastruktur und Technologie der sozialen Netzwerke teilzuhaben. Dies ist Teil der neuen “Netzpolitik”, die in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen hat. Ein Beispiel hierfür ist die mediale Aufmerksamkeit der Piratenpartei, die dafür einstanden, dass gesellschaftlich wichtige Entscheidungen bei der Regulierung digitaler Medien gefällt werden. Die Herausforderung an dieser Form der Teilhabe ist jedoch, dass die Details der technischen Infrastruktur der sozialen Netzwerke nur sehr wenige Menschen interessiert, allerdings langfristig einen großen Einfluss auf alle Nutzer*innen hat.
In Anbetracht des partizipativen Potenzials sozialer Netzwerke löst die Feststellung, dass “die meisten Nutzer[*innen] […] die Möglichkeiten, [in sozialen Netzwerken] selbst eigene Inhalte oder eigenes Wissen beizusteuern, nicht in Anspruch” (ebd., 93) nehmen, Ernüchterung aus. Wenngleich das Verhalten der Nutzer*innen von Netzwerk zu Netzwerk unterschiedlich ausfallen kann wird das Phänomen in der sogenannten “90-9-1 Faustregel” generalisiert (ebd.). Sie besagt, dass ca. 90% der Nutzer*innen Inhalte lediglich konsumiert ohne aktiv eigene Beiträge einzubringen. 9% der Nutzer*innen kreieren eigene “Contents” und haben an Diskussionen teil. Der Großteil der Beiträge und Inhalte geht jedoch von nur 1% der Nutzer*innen aus. Nicht vergessen werden darf auch, dass hinter den meisten Plattformen kommerzielle Anbieter stecken, deren Fokus weniger auf dem social networking und der Teilhabe als auf kommerziellen Absichten liegt.