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LE09: Neue Rechte & Framing

Diese Sitzung widmet sich den rhetorisch-visuellen Strategien, die die sogenannte „Neue Rechte“ insbesondere auch in den sozialen Medien für die Gewinnung neuer Mitglieder und Sympathisant*innen nutzt. Es werden vor allem jene Strategien ins Auge gefasst, die explizite Raumbezüge aufweisen.

Inhalte der Lerneinheit

Arbeitsblatt

Materialien

Lernergebnisse & Kompetenzen

Nach dieser Einheit…

Neue Rechte & Framing

Unter dem Sammelbegriff der sog. „Neuen Rechten“ werden im bundesdeutsche Kontext politische Organisationen und Bewegungen wie bspw. die AfD, Pegida oder die Identitäre Bewegung verstanden. Den Ursprung der „Neuen Rechten“ sieht der Historiker Volker Weiß in einem „zunehmend von Krisen geprägte[m] Bürgertum“ (Weiß 2017, S. 10). Themen und Begriffe, die lange Zeit nur in der extremen Rechten zirkulierten plötzlich wieder in der gesamten Gesellschaft. Diese Rhetorik bedient sich jedoch eines neuen intellektuellen Anstrichs. Zum Beispiel wird statt dem flachen Slogan „Ausländer raus“ plötzlich eine „Remigration“ und „Ethnopluralismus“ gefordert (d.h. Menschen sollen dort leben, wo sie ethnokulturell vermeintlich hingehören – Stichwort Kulturerdteile in LE02). Die Idee, die hinter den Begriffen der Neuen Rechten steht, ist jedoch die gleiche: „unter der dünnen Oberfläche ihres poppigen Protestes finden sich die alten Inhalte und ein genauerer Blick zeigt, dass auch das provokante Vorgehen keineswegs neu ist.“ (ebd., S. 11). Ihr Hauptanliegen ist v.a. das Wachen über und die Verteidigung des „Eigenen“ (ebd., S. 234), der „eigenen“ Kultur, des „eigenen“ Territoriums. Parallelen lassen sich nach Weiß auch zu der „konservativen Revolution“ in der Weimarer Republik ziehen, die sich ebenfalls gegen Feminismus, Gleichstellung der Geschlechter, Liberalismus und einen demokratischen Staat wendete (Baader 2020, 131).

Die Neue Rechte, oder auch „Alt-Right“, ist dabei kein bundesdeutsches Phänomen, sondern ist auch international (u.a. Ungarn, Italien, Frankreich, USA, Australien etc.) beobachtet und untersucht worden (z.B. Ebner & Davey 2018; Jakubowicz 2017). Die transnationale Vernetzung über die sozialen Medien ist hierbei zentral für die Zirkulation der rechten Ideologien, das Teilen und die Organisation von wirksamen Verbreitungsstrategien. Die Neue Rechte zeichnet sich u.a. also dadurch aus, dass sie in den sozialen Medien versucht neue Mitglieder und Sympathisant*innen zu gewinnen. Dabei nutzt sie subtile rhetorische sowie moderne mediale Strategien, die in den nächsten beiden Lerneinheiten thematisiert werden. In dieser Lerneinheit wird das sogenannte „Framing“ (vgl. Lakoff & Wehling 2008) fokussiert, also jene Rahmen („Frames“), die eingesetzt werden, um die eigene Ideologie möglichst unterschwellig und unter Zustimmung des gesellschaftlichen „Mainstreams“ in den öffentlichen Diskurs einführen zu können.

Literatur

Baader, M. S. (2020). Neue Rechte – „Umerziehung“, „Genderideologie“ und „Frühsexualisierung“ – Kampfbegriffe in einem neuen Kulturkampf. Erziehungswissenschaftliche Themen im Fokus von Populismus und Neuer Rechter. In: Binder, U. & J. Oelkers (Hg.) Das Ende der politischen Ordnungsvorstellungen des 20. Jahrhunderts. Wiesbaden: Springer, S. 129-154. Link zum Text

Ebner, J. & Davey, J. (2018). Mainstreaming Mussolini: How the Extreme Right Attempted to ‘Make Italy Great Again’ in the 2018 Italian Election. Institute for Strategic Dialogue. Link zum PDF

Jakubowicz, A. 2017. Alt_Right White Lite: trolling, hate speech and cyber racism on social media. Cosmopolitan Civil Societies: an Interdisciplinary Journal. 9(3), S. 41-60. Link zum Text

Lakoff, G. & E. Wehling (2008). Auf leisen Sohlen ins Gehirn. Politische Sprache und ihre heimliche Macht. Heidelberg: Carl-Auer.

Weiß, V. (2017). Die autoritäre Revolte. Die neue Rechte und der Untergang des Abendlandes. Stuttgart: Klett-Cotta.

Basislektüre

Vortrag von Prof. Dr. Elisabeth Wehling auf der re:publica 2017 (bis Min. 45): Link zum YouTube Video

Hungry Minds

Kökgiran, G. & Nottbohm, K. (2014). Semiotische Guerilla von rechts? Diskursive Aneignungs- und Umdeutungsstrategien der Identitäten Bewegung Deutschland. In: Hentges, G., Nottbohm, K. & M. M. Jansen (Hg.) Sprache – Macht – Rassismus. Berlin: Metropol, S. 327-348.

Boehnke, L. (2019). Rechter Kulturkampf heute: Identitätskonstruktion und Framing-Strategien der Identitären Bewegung. In: Boehnke, L.; Thran, M. & Wunderwald, J. (Hg.) Rechtspopulismus im Fokus. Theoretische und praktische Herausforderungen für die politische Bildung. Wiesbaden: Springer, S. 89-114. Link zum Text

Wehling, E. (2016): Politisches Framing. Wie eine Nation sich ihr Denken einredet - und daraus Politik macht. edition medienpraxis. Köln: Halem Verlag.