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courses:workshops:tourguide:beschreibung

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"Wen interessiert's?"

Abbildung 1: Ansprache vor dem Petersdom in Rom bei 24 Grad in der Sonne (Bild: Detlef Kanwischer)

Szenario: Am Rande des Petersplatzes vor dem Petersdom in Rom hat sich eine Gruppe junger Menschen in praller Sonne versammelt. Eine Person spricht zu der Gruppe, viele halten Papiermaterial in ihren Händen. Es handelt sich offensichtlich um eine Exkursion bzw. Studienfahrt, die genau diesen Standort auf dem Petersplatz als geeignet angesehen hat, um eine wohlfeile Ansprache im Gelände bzw. ein Referat zu halten. Die Gruppe hat sich im Halbkreis angeordnet und ist mit über 30 Personen unübersichtlich groß. Ein Großteil der Teilnehmenden sitzt auf dem Boden und verdeckt einander. Im Hintergrund unterhalten sich ein paar Teilnehmende. Wenig als ein Drittel setzt sich mit dem zur Verfügung stehenden Material auseinander. Einigen scheint es sinnvoller zu sein, es als Sonnenschutz zu nutzen. Insgesamt scheint die Gruppe wenig motiviert zu sein, der Ansprache zu folgen.

In den Natur-, Geistes-, Sozial-, Kultur-, Literatur- und Sprachwissenschaften haben Exkursionen, von lat. excursio für Ausflug, eine lange Tradition. Erklärtes Ziel von Exkursionen: Rausgehen, die reale Begegnung mit der räumlichen Wirklichkeit, um „mit Lerngegenständen in ihrer unmittelbaren Umgebung, im fachlichen, methodischen und sozialen Kontext“ (Stolz & Feiler 2018: 10) mit allen Sinnen konfrontiert zu werden. Eine kostengünstige Alternative zum Rausgehen ins Gelände sind virtuelle Exkursionen, mithilfe derer geographische Räume virtuell, erkundet werden können (Schmidt et al. 2018). Im Unterschied zu „klassischen“ Exkursionen sind virtuelle Exkursionen weniger authentisch und simulieren das Rausgehen lediglich. Ersetzen können sie diesese letztlich nicht, weil sie nur den Ausschnitt des Raumes zeigen, den die Entwickler*innen für die virtuelle Exkursion vorgesehen haben und lassen damit lediglich Beobachtungen zweiter Ordnung zu (Seckelmann & Hof 2020; Budke & Kanwischer 2006).

In formalen Bildungskontexten sind Exkursionen ins Gelände und an außerschulische Lernorte curricular verankert (DGfG 2020). Auch in non-formalen und informellen Kontexten fernab der Schule und Universität sorgen Ausflüge und Exkursionen für willkommene Abwechslung. In der Didaktik bilden Exkursionen eine eigene Lehr-/Lernform, der sich die Exkursionsdidaktik widmet (Stolz & Feiler 2018; Hemmer & Miener 2013).

Für die Geographie gilt: Der Geographie Anfang und Ende ist und bleibt das Gelände (Budke & Kanwischer 2006). In der Geographie gehören Exkursionen zum „festen Bestandteil des methodischen Repertoires“ (Hemmer & Miener 2013: 73) von Lehrenden, die die Lernenden in der Schule und Hochschule anleiten, human und physisch geographische Strukturen und Prozesse im Rahmen einer Exkursion unter einer Frage- oder Problemstellung zu erleben (Renner 2020; Amend & Vogel 2013). In den Nationalen Bildungsstandards heißt es dazu: „Exkursionen und Projekte ermöglichen den Einbezug von außerschulischer Wirklichkeit und eigenen Handlungserfahrungen“ (DGfG 2020: 7). Intendierte übergeordnete Lernergebnisse von Exkursionen: Das Erkennen raumbezogener Probleme und Entwickeln von ganzheitlichen und nachhaltigen Lösungsstrategien sowie die Befähigung zur kritischen und reflektierten Analyse von Räumen im Kontext einer kritischen und reflektierten Weltaneignung (ebd.). Aus Sicht der Exkursionsdidaktik ist das Rausgehen, der Gang ins Gelände eingebettet in einen Dreischritt, der bei der Konzeption der Exkursion beginnt und über die Durchführung bis hin zu deren Nachbereitung und kritischen Reflexion der Exkursion reicht. Wenngleich Exkursionen auf die reale Begegnung mit der räumlichen Wirklichkeit abzielen, so unterscheiden sich diese zentral in ihrem zeitlichen und räumlichen Umfang, dem didaktischen Zugang, der Methodik, dem thematischen Schwerpunkt, Format und Zielsetzung, der Sozialform und der Interaktion zwischen Tourguide und Teilnehmenden. Die inhaltlich-konzeptionelle Grundlage einer jeden Exkursion bildet ein exkursionsdidaktisches Drehbuch, das die Exkursion rahmt und Auskunft über Beginn und Ende, In- und Outro der Exkursion, den roten Faden und die Dramaturgie der Exkursion, d.h. das Hauptthema und den Inhalt sowie die zentrale Fragestellung, die Auswahl und den Verlauf der Standorte gibt (Glasze et al. 2021). Regie führt ein*e Tourguide. Doch wie qualifiziert man sich in der Digitalität als Tourguide? Gibt es eine Alternative zu klassischen Präsenzveranstaltungen, in denen frontal in das Dasein als Tourguide eingeführt wird? Und wie gestaltet man eine Exkursion und verfasst ein exkursionsdidaktisches Drehbuch?

Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen wurde am Institut für Humangeographie der Goethe-Universität Frankfurt am Main eine Open Educational Ressource (OER) mit dem Titel „Train the Tourguide“ für den Einsatz in der geographischen Bildung entwickelt, die Studierende dazu befähigt, problem- und themenzentrierte Übersichtsexkursionen erfolgreich auszuarbeiten und durchzuführen. Die OER richtet sich in erster Linie an Studierende, die dazu qualifiziert werden sollen, eine problemorientierten bzw. themengebundenen Überblicksexkursionen zu planen und durchzuführen*. Die OER adressiert darüber hinaus aber auch grundsätzlich alle Interessierten, die einzelne Exkursionsstandorte ausarbeiten und vorstellen möchten. Daher lassen sich die Module, Arbeitsblätter und Materialien problemlos für den Einsatz im Schulunterricht adaptieren. Die OER-Einheiten haben den nachfolgend beschriebenen Aufbau und Inhalt. Lernergebnisse des Seminars**

Der offene (Selbst-lern)Workshop ist darauf aufgerichtet, Tourguides zur Konzeption und Durchführung von themen- und problemorientierten Übersichtsexkursionen zu befähigen.

Nach Abschluss der Lerneinheit können Sie:

  • Grundtypen von Exkursionen kontrastieren.
  • Merkmale teilnehmendenorientierte Überblicksexkursionen beschreiben.
  • Teilnehmendenorientierte Übersichtsexkursionen im weiten Feld der Exkursionsdidaktik verorten.
  • Teilnehmendenorientierte Übersichtsexkursionen anhand eines Fallbeispiels konzipieren.
  • Must-Haves geeigneter Exkursionsstandorte benennen.
  • Exkursionsstandorte begründet auswählen.
  • Teilnehmendenorientierte Übersichtsexkursionen entlag einer Frage- oder Problemstellung konzipieren.

📰 Basislektüre

📚 Hungry Minds

courses/workshops/tourguide/beschreibung.1688390144.txt.gz · Zuletzt geändert: 2023/07/03 15:15 von melauf