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Inhaltsverzeichnis
LE04: Humangeographie II: Die "Tank-oder-Teller-Diskussion"
In dieser Lerneinheit werden Sie sich mit der Flächenkonkurrenz zwischen dem Anbau von Energiepflanzen zur Erzeugung von Bioenergie und dem Anbau von Nahrungs- und Futtermittelpflanzen, die im Zuge der Nahrungsmittelpreiskrise 2007–2008 in Mexiko z.B. zur »"Tortilla-Krise" geführt hat, auseinandersetzen.
Inhalte
Sie werden sich In dieser zweiten Lerneinheit werden tiefergehende Informationen bezüglich des vielfältigen The-mas Biotreibstoffe erarbeitet. Unter anderem wird die „Bush-Barrel-Korrelation“, d.h. die Kopplung des Agrar- an den Erdölpreis und die damit einhergehende Debatte um „Tank oder Teller“ themati-siert. In engem Zusammenhang stehen z.B. gesetzliche Grundlagen und damit verbundene Subven-tionen und Steuerprivilegien, wodurch die Produktion für den Tank angekurbelt und die im Titel der Quelle aus Material (M02) genannte Gefahr des „Hungertreibers“ entsteht. Dennoch gibt es Befür-worter, die Biotreibstoffe als ökologisches Wunder, verlässliche Einkommensquelle für Bauern oder auch als Möglichkeit der Unabhängigkeit von teurem Erdöl anpreisen. Die Gegner hingegen zweifeln die positive Ökobilanz an und beklagen darüber hinaus die Zerstörung von Artenvielfalt und sozialen Strukturen. Dieser kurze Einblick verdeutlicht die Vielfältigkeit der „Wirklichkeit Bio-treibstoffe“. Um eine fundierte Diskussion um „Tank oder Teller“ führen zu können erarbeiten sich die Lernen-den schrittweise tiefergehende Informationen zu Hintergründen, Begriffen und unterschiedlichen Interessensgruppen. Diese vielfältigen Informationen ermöglicht es den Lernenden die „vernetzte Sicht“ im Rahmen der abschließenden Pro-Contra-Diskussion anzuwenden.
Materialien
• Material/Webseiten/Ausstattung (Link auf Arbeitsblätter und Materialien)
o Text nur als Link oder auch PDF hinzufügen M02? • Zugang zu dem Text „Die Hungertreiber. Ist Biosprit aus essbaren Pflanzen das ökologische Patentrezept?“ von HANS SCHUH aus der Wochenzeitschrift „Die Zeit“ vom 23. August 2012 (siehe http://www.zeit.de/2012/35/Oekologie-Biosprit-Lobby-Subvention)
*[[courses:sus:biosprit:arbeitsblatt:a03-1|A03-1: Produktion und Konsumption von Biotreibstoffen im zeitlichen Verlauf]]
Lernergebnisse und Kompetenzen
Nach Abschluss der Lerneinheit können Sie Nach Abschluss der Lerneinheit werden Sie in der Lage sein… - einen Text in Schlüsselsätze zu paraphrasieren. - zu erläutern, dass die Annahme einer positiven Gesamtökobilanz von Biotreibstoffen höchst umstritten ist und diesbezüglich noch ein großer Forschungsbedarf besteht. - zu erläutern, was man unter „Bushel-Barrel-Korrelation“ versteht. - Vor- und Nachteile der Produktion von Biotreibstoffen zu diskutieren. - zu erläutern, welche Ansichten, Meinungen und Interessen im Rahmen der Debatte um „Tank oder Teller“ kontrovers diskutiert werden. - ein Beziehungsgeflecht anzufertigen und als Diskussionsgrundlage zu einer fundierten „Tank oder Teller-Diskussion“ zu nutzen.
- erläutern, warum es seit den 2000er Jahren zu einer Zunahme der Produktion und Konsumption von Biotreibstoffen kam.
- Daten zur Entwicklung von Produktion und Konsumption von Bioethanol graphisch darstellen und analysieren
- begründen, welche Ursachen der Anstieg von Produktion und Konsumtion von Biotreibstoffen hat.
- bewerten, welche potentiellen Risiken, bezogen auf den Zugang zu Land, durch die Expansion des Anbaus von Energiepflanzen entstehen.
Weltweiter Flächenverbrauch und regionale Unterschiede hinsichtlich Produktion und Konsumption von Bioethanol
In dieser abschließenden Unterrichtsphase wird die gesellschaftliche Diskussion um »Tank oder Teller«, die erstmals 2007 im Zuge des weltweiten Anstiegs der Lebensmittelpreise entbrannt ist und in Mexiko z. B. zur »Tortilla-Krise« geführt hat, thematisiert. In einem ersten Schritt geht es darum, dass die Schüler/innen sich einen Überblick über die Thematik verschaffen. Hierfür kann der Artikel »Die Hungertreiber. Ist Biosprit aus essbaren Pfl anzen das ökologische Patentrezept?« von SCHUH aus der Wochenzeitschrift »Die Zeit« vom 23. August 2012 analysiert werden (siehe http://www.zeit.de/2012/35/ Oekologie-Biosprit-Lobby-Subvention). Um die vielfältigen Informationen zu reduzieren, paraphrasieren die Lernenden in Einzel- oder Partnerarbeit einzelne Abschnitte des Textes in Schlüsselsätze, die an der Tafel oder mittels einer digitalen kollaborativen Arbeitsplattform gesammelt werden. Nachdem der Text auf diese Art und Weise in eine überschaubare Anzahl von Schlüsselsätzen reduziert wurde, werden in einem zweiten Schritt folgende Fragen an den reduzierten Text gestellt: • Welche Vorteile werden bzgl. der Produktion von Biotreibstoffen genannt? • Welche Nachteile werden bzgl. der Produktion von Biotreibstoffen genannt? • Was ist die »Bushel-Barrel-Korrelation«? • Wie verändern sich weltweit die landwirtschaftlichen Produktionsbedingungen durch die Herstellung von Biosprit? • Welche Maßstabsebenen müssen bei der Analyse des Problems berücksichtigt werden? • Welche Akteure handeln in diesem Problemfeld? • Was sind die jeweiligen Interessen und Motive des Handelns? • Wer verfügt über welche Form von Macht? • Unter welchen Gesetzen wird gehandelt? • Unter welchen soziokulturellen, ökonomischen und ökologischen Bedingungen wird gehandelt? • Welche Lösungsmöglichkeiten gibt es? Die abschließende Diskussion kann im Rahmen einer Pro-Contra- Debatte erfolgen.
Die weltweite Nachfrage nach Bioethanol hat im Kern zwei Ursachen. Dies ist zum einen, dass die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen verringert und zum anderen, dass durch die Verwendung von Bioethanol die Umweltbelastung reduziert werden soll. Das Argument bezüglich des Klimaschutzes geht von der Annahme aus, dass beim Verbrennen der Biotreibstoffe nur die Menge an Kohlenstoffdioxid frei gesetzt wird, welche die Pflanzen im Rahmen des Wachstums in einer relativ kurzen Zeitphase zuvor aus der Atmosphäre aufgenommen haben. Diese Annahme ist aber umstritten, da oftmals nicht die Gesamtökobilanz, wie z.B. der Energieinput bezüglich der landwirtschaftlichen Produktion und der Energieumwandlung, in die Berechnung einfließt. Diese Berechnungen variieren zudem je nach geographischem Standort und Nutzpflanze. Insgesamt ist festzustellen, dass „hinsichtlich der Ökobilanz von Bioethanol und anderen Biokraftstoffen noch ein großer Forschungsbedarf“ (BERNHARDT, 2006, S. 27) besteht. Auch der WBGU (2009) kommt zu einer ähnlichen Einschätzung: „Aufgrund der großen Komplexität und Dynamik des Themas, des hohen Maßes an wissenschaftlicher Unsicherheit und der Vielzahl von Interessen ist es bisher nicht gelungen, eine integrierte Einschätzung der Bioenergie als Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung vorzunehmen“ (WBGU, 2009, S. 1). Nichtsdestotrotz hat der Anbau von Biokraftstoffen seit den 2000er Jahren massiv zugenommen. Dies hängt damit zusammen, dass der Erdölpreis gestiegen ist und somit nachwachsende Rohstoffe für die Ethanol-Herstellung wettbewerbsfähig geworden sind. Zu dieser Entwicklung gesellten sich noch seit Ende der 1990er Jahre veränderte politische Rahmenbedingungen. Die Europäische Kommission hat sich damals zum Ziel gesetzt, den Anteil erneuerbarer Energien am gesamten Energieverbrauch zu steigern. Im Zuge dieser Maßnahmen wurden dann auch Richtlinien zu einer Steigerung des Mindestanteils von Biokraftstoffen an allen verbrauchten Kraftstoffen erlassen. In Deutschland hat dies 2006 zur Einführung des Biokraftstoffquotengesetzes geführt, das seit 2007 eine Mindestverwendung von Biokraftstoffen vorsieht. Im Zuge dieser politischen und marktwirtschaftlichen Entwicklungen hat der landwirtschaftliche Flächenverbrauch für die Herstellung von Bio-Sprit in den letzten Jahren massiv zugenommen.
Literatur:
BERNHARDT, D. (2006). Ökobilanz